Verantwortung und Handlungsfähigkeit oder Distanz und Unverbindlichkeit
Vermutlich haben Sie auch schon mal etwas gesagt wie:
„Man hätte da eigentlich etwas sagen müssen.“
Oder: „Man fühlt sich da so hilflos.“
Solche Sätze hören sich unauffällig und harmlos an – und doch steckt einiges dahinter. Denn sie zeigen, wie wir Verantwortung sprachlich verschleiern. Statt Selbstverantwortung zu übernehmen, flüchten wir in das Allgemeine oder in die Distanz. Wir können anders kommunizieren: mit Selbstverantwortung und Klarheit, allein durch das Wörtchen „ich“ statt „man“.
Lesen Sie mehr dazu, welche positiven Auswirkungen das für uns und unsere Beziehungen hat.
Inhalt
Wer oder was ist dieses „man“?
Wenn wir „man“ sagen, meinen wir oft: ich.
Zum Beispiel: Ich hätte etwas sagen wollen.
Ich habe mich hilflos gefühlt.
Ich war verletzt, enttäuscht, wütend.
Doch statt diese Wahrheit auszusprechen, wählen wir die sprachliche Distanz mit der Formulierung „man ….“
Warum? Weil es uns einfacher erscheint oder weniger riskant.
Und weil es uns von der eigenen Verantwortung entlastet – zumindest scheinbar.
Verantwortung übernehmen ist herausfordernd und kraftvoll zugleich
Verantwortung zu übernehmen heißt, sich mit den eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Entscheidungen auseinanderzusetzen.
Es bedeutet, sich nicht mehr hinter Floskeln wie „man sollte“ zu verstecken, sondern konkret zu werden und klar zu sagen:
„Ich habe es nicht getan.“
„Ich weiß gerade nicht, wie ich reagieren soll.“
Das ist unangenehm. Es kann weh tun.
Aber es ist auch der erste Schritt raus aus der Opferrolle –
hin zu echter Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit.
Vom Opfer zur Gestalterin
Solange „man“ denkt, fühlt oder handelt, bleibe ich Zuschauerin meines Lebens.
Wenn ich aber beginne, persönliche Aussagen zu treffen und „ich“ zu sagen, übernehme ich Verantwortung. Ich treffe Entscheidungen. Ich setze Grenzen. Ich stehe für mich ein. Ich bin für mich aktiv.
Das macht mich sichtbar. Ja, auch verletzlich. Aber es macht mich vor allem: klar, kraftvoll, ehrlich, authentisch und handlungsfähig.
Es entsteht ein neues Selbstverständnis: Ich bin nicht ausgeliefert. Ich bin verantwortlich und kann bewusst in meinem Sinne gestalten.
Unsere Haltung formt unsere Sprache
Wie wir über uns und das Leben sprechen, verrät viel darüber, wie wir denken – und wie wir uns selbst sehen.
Unsere Wortwahl ist kein Zufall. Sie spiegelt unsere innere Haltung:
Bin ich in der Verantwortung oder im Widerstand?
Bin ich in Kontakt mit mir – oder auf Abstand?
Wer sich nicht sicher fühlt, sagt schnell:
„Man wird da ja schnell übergangen.“
Wer gelernt hat, für sich einzustehen, sagt eher:
„Ich habe mich übergangen gefühlt.“
Diese Unterschiede sind nicht nur sprachlich – sie zeigen eine Haltungsveränderung:
Weg vom unpersönlichen Beobachten, hin zum bewussten Gestalten. Denn erst wenn ich mir selbst erlaube, ich zu sagen, erkenne ich:
Ich bin beteiligt, ich fühle, ich entscheide, ich gestalte mit, ich bin aktiv.
Und genau daraus entsteht Entwicklung.
Wenn Sie also merken, dass Sie oft zu „man“ greifen, kann das ein wertvoller Hinweis sein: Vielleicht ist da ein Teil von Ihnen, der lieber Abstand hält zum Schutz oder aus Gewohnheit..
Verantwortung schafft Nähe – zu sich selbst und anderen
Viele meinen, diese (verbale) Selbstverantwortung mache verwundbar oder führe zu Ärger und Konflikte. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wenn wir eine persönliche Aussage in Ich-Form treffen werden wir nahbarer und vertrauenswürdig.
Diese Klarheit schafft Nähe – in Gesprächen, Beziehungen und im beruflichen Umfeld.
Gleichzeitig entsteht innere Nähe: Wir kommen uns selbst näher, wenn wir erkennen, was wir fühlen, brauchen und wollen und dies auch anderen gegenüber klar kommunizieren.
Von „man“ zu „ich“:
- In welchen Situationen sagen Sie „man“, obwohl Sie eigentlich „ich“ meinen?
- Wie fühlt es sich an, das zu ändern?
- Innezuhalten und bewusst machen, bevor Sie sprechen: Treffen ich gerade eine allgemeine Aussage oder geht es um mich?
- Welche Wirkung hat diese Klarheit auf Sie selbst und Ihr Gegenüber?
Je öfter Sie das ‚ich‘ bewusst einsetzen, desto selbstverständlicher wird es fester Bestandteil Ihrer Kommunikation.
Fazit
Unsere Sprache dient nicht rein der Kommunikation, sie ist ebenso Ausdruck unserer inneren Haltung.
Wenn wir in der Distanz bleiben oder allgemeine Aussagen treffen, sprechen wir von „man“. Wenn wir Verantwortung übernehmen und eine persönliche Aussage treffen, sagen wir „ich“.
Diese bewusste Entscheidung ist kein sprachlicher Trick, sondern ein Ausdruck von Haltung und Selbstverantwortung. Denn wer „ich“ sagt, zeigt sich mit allem, was dazugehört: Klarheit, Verletzlichkeit, Präsenz.
Ja, das kann herausfordernd sein. Und genau dort, wo wir Verantwortung übernehmen, verlassen wir die Opferrolle und werden zur Gestalterin unseres eigenen Lebens.
Und der erste Schritt? Beginnt mit einem einfachen Wort: Ich.
Sie möchten gerne mehr von mir lesen? Schauen Sie auch auf meinem Blog vorbei und tragen Sie sich in meinen Newsletter ein.

*Coachin für alle, die ihre Kommunikation erneuern und ihre Streitigkeiten beenden möchten sowie für Menschen mit schwierigen Entscheidungen und in Umbruchphasen.
*Mediatorin für alle, die ihre Konflikte lösen möchten.
Liebe Ulla, ich hatte eine Weile genau das Thema in meinem Entwürfeordner und habe es nur deswegen gelöscht, weil besagter Ordner so voll war und ich so schon nicht hinterher komme 😉
Mich macht das jedesmal rappelig, wenn Menschen in Interviews solche Dinge sagen wie „Da hat man sich schon sehr erschorcken!“ Wie wir Menschen manchmal dazu neigen, so auf Abstand zu gehen, statt mal zuzulassen, dass etwas Erschreckendes passiert ist. Und ja, wie du sagst, dass wir auch manchmal nicht Verantwortung übernehmen.
Jetzt überlege ich, mir doch wieder einen Entwurf zu „ich und man“ anzulegen, vielleicht finde ich ja doch nochmal Zeit dazu, das zum Blogbeitrag auszuformulieren.
Vielen Dank und liebe Grüße
Angela
Liebe Angela,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Ja, wirklich ein wichtiges Thema.
Mit dem Ausdruck „man“ bleiben wir auf Distanz, wenn wir „ich“ nutzen, zeigen wir uns ganz persönlich, vielleicht sogar verletzlich dabei jedoch auch klar und authentisch.
Im Coaching begegnet mir häufig das „man“ und es ist immer wieder befreiend für die Klient:innen, das „ich“ aussprechen zu können.
Liebe Grüße Ulla