Veränderung erwünscht, Verantwortung unerwünscht: Warum der Coach allein nicht die Lösung bringt

Vor einiger Zeit kam eine Klientin zu mir ins Coaching mit dem großen Wunsch nach Veränderung. Sie war unzufrieden mit ihrer aktuellen Situation und hatte genaue Vorstellungen, welchen veränderten Zustand sie erreichen möchte. Dies Ziel vor Augen ist der erste Schritt zur Veränderung. Die Klientin wollte etwas verändern und brauchte Unterstützung. Ein klassische Coaching-Aufgabe also.

Die Klientin wollte dann gerne von mir eine „Abkürzung“ des Prozesses, indem ich ihr die (einzig wahre) Lösung vorgeben und die Verantwortung für ihre Entwicklung tragen sollte.

Das funktioniert aber leider nicht. Als Coachin habe ich keine (vorgefertigte) Antwort für die persönlichen Probleme anderer. Nachhaltige Veränderung ist ein Prozess. Für die Gestaltung dieses Prozesses bin ich als Coachin zuständig. Für die Lösungsentwicklung und – umsetzung, also für die tatsächliche Veränderung ist jeder Mensch selbst verantwortlich. Und das ist gut so.

In diesem Beitrag geht es um den Zusammenhang zwischen dem Veränderungswillen und der Übernahme von Verantwortung.

Inhalt

Im Coachingprozess wünschen sich die Klienten Veränderungen in ihrem Leben, sei es beruflich oder privat. Oftmals kommt es jedoch vor, dass Klienten eine vorgefertigte Antwort vom Coach erwarten und sich nicht bewusst sind, dass sie letztendlich selbst für ihre Veränderung verantwortlich sind. Im Folgenden wollen wir zunächst einen Blick darauf werfen, welcher Zusammenhang zwischen den Begriffen Veränderung, Verantwortung und Bedürfnis besteht.

1. Bedürfnis, Veränderung und Verantwortung

Bedürfnis

Wir Menschen haben alle die gleichen Bedürfnisse wie Sicherheit, Nähe, Liebe, Anerkennung, Abstand, Bildung, Ordnung, Bewegung, Eigenständigkeit, Unterstützung, Freude, Ruhe, Erholung etc. Diese Bedürfnisse haben jedoch je nach den (äußeren und inneren) Umständen bei jedem Menschen unterschiedliche Priorität.

Wer nicht nach seinen wichtigen Bedürfnissen lebt, wird früher oder später unzufrieden oder frustriert sein. Nur wir selbst können unsere Bedürfnisse (er-)kennen und sind für ihre Erfüllung selbst zuständig.

Veränderung

Veränderung bedeutet, dass wir unsere Gewohnheiten, Vorgehensweisen, Denkmuster oder Einsteillungen ändern, variieren, umorganisieren und bestenfalls im Sinne unserer Bedürfniserfüllung verbessern.

Veränderung kann schnell erfolgen oder das Ergebnis eines längeren Prozesses der Entwicklung und persönlichen Wachstums sein. Sie kann bewusst initiiert sein oder von außen angestoßen werden.

Verantwortung

Verantwortung bezieht sich auf die Fähigkeit und Bereitschaft, für die Handlungen, Entscheidungen und Ergebnisse selbst verantwortlich zu sein. Es geht darum, die Kontrolle über das eigene Leben zu übernehmen und die Konsequenzen der Handlungen zu erkennen und zu akzeptieren.

Verantwortung zu tragen mag manchmal schwer sein, aber nichts zu verantworten – sprich: eigenständig tun zu dürfen – ist noch viel schwerer. Verantwortung übernehmen bedeutet handlungsfähig sein.

Verantwortung in diesem Sinne bedeutet auch, für die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse verantwortlich zu sein – und nicht der Partner, die Partnerin, Freunde oder gar ein Coach. Andere Menschen können nicht wissen, was das richtige für einen Menschen ist; man kann Meinungen und Vorstellungen dazu haben, aber wissen kann es nur jeder für sich selbst.

Wie wunderbar ist die Erfahrung, unser Leben selbst in der Hand zu haben, unabhängig von anderen.

Insgesamt sind Veränderung, Verantwortung und Bedürfnisse eng miteinander verknüpft. Indem wir unsere Bedürfnisse (er-) kennen, Verantwortung für deren Erfüllung übernehmen und gezielte Veränderungen herbeiführen, können wir langfristig Zufriedenheit erreichen.

2. Die Rolle des Coachs

Die Rolle eines Coachs besteht darin, die Klientinnen und Klienten dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu definieren und umzusetzen. Er schafft einen sicheren Raum, in dem die Klientinnen und Klienten ihre Gedanken und Gefühle frei äußern und reflektieren können Durch gezielte Fragen und Impulse unterstützt der Coach sie dabei, neue Perspektiven zu gewinnen und ihre Potenziale zu entfalten.

Der Coach bietet keine vorgefertigten Antworten, sondern stellt gezielte Fragen, die die Klientinnen und Klienten inspirieren, über ihre Situation nachzudenken, sie einzuordnen und eigene Lösungen zu entwickeln.

Der Coach urteilt nicht, berät nicht, sondern führt die Klientinnen und Klienten durch den Prozess. Er bzw. sie versteht sich als Impulsgeber, damit die Klientinnen und Klienten sich neuen Perspektiven öffnen. Die Verantwortung für das, was die Klientinnen und Klienten sagen, entwickeln und wofür sie sich entscheiden, liegt einzig bei ihnen selbst, nicht bei dem Coach.

Natürlich trägt der Coach – wie beschrieben – die Verantwortung für den Prozess. Sie oder er hat keine vorgefertigten Antworten oder Lösungen, sondern stellt im besten Fall die Fragen, die den Klientinnen und Klienten helfen, die individuellen Antworten zu finden. Coaching ist ein Transformationsprozess. Der Coach unterstützt die Klientinnen und Klienten dabei, ihr volles Potenzial zu entfalten.

Sollte der Klientin bzw. dem Klienten zu Beginn des Prozesses das Bewusstsein für die eigene Verantwortlichkeit fehlen, so wird der Coach diese Haltung hinterfragen und dabei unterstützen, Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln.

3. Aktiv statt passiv: Die Aufgabe der Klientinnen und Klienten im Veränderungsprozess

Wenn Klientinnen und Klienten sich für ein Coaching zum Thema Veränderung entscheiden, haben sie normalerweise das Ziel, etwas in ihrem Leben zu verbessern oder zu entwickeln. Dabei ist es egal, ob es sich um persönliche, berufliche oder auch Beziehungsaspekte handeln.

Klientinnen und Klienten dürfen und sollten sich aktiv auf den Coaching-Prozess einlassen und offen für neue Perspektiven und Herangehensweisen sein. Sie sollten bereit sein, ihre gewohnten Denkmuster und Verhaltensweisen zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen, um ihre Ziele der Veränderung zu erreichen. 

Klientinnen und Klienten tragen die Verantwortung dafür, was sie in dem Coachingprozess sagen oder auch nicht und ob sie ihren Transformationsprozess aktiv gestalten.

4. Eigenverantwortung als Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung:
8 Argumente warum Klientinnen und Klienten im Coaching Verantwortung übernehmen müssen

  1. Individuelle Bedürfnisse werden erfüllt: Durch das selbstständige Finden von Lösungen können die Klientinnen und Klienten sicherstellen, dass ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden.
  2. Motivation wird gesteigert: Wenn Klientinnen und Klienten ihre eigenen persönlichenLösungen finden, werden sie in der Regel motivierter sein, diese auch umzusetzen.
  3. Nachhaltigkeit der Lösung wird eher erreicht: Wenn die Lösungen von den Klientinnen und Klienten selbst erarbeitet werden, sind sie in der Regel nachhaltiger und langfristiger umsetzbar.
  4. Persönliche Entwicklung wird gefördert: Wenn Klientinnen und Klienten eigenständig ihre Lösungen finden, können sie dadurch ihre persönliche Entwicklung fördern und ihre Stärken und Ressourcen gezielt einsetzen.
  5. Selbstwirksamkeit wird gestärkt:Die Fähigkeit der Klientinnen und Klienten, selbst Lösungen zu finden, kann dazu beitragen, ihr Selbstvertrauen und ihre Selbstwirksamkeit zu stärken.
  6. zu Kreativität ermutigt: Durch die Ermutigung zur kreativen Problemlösung können die Klientinnen und Klienten alternative und möglicherweise verbesserte Lösungswege finden, die sie vielleicht sonst nicht in Betracht gezogen hätte.
  7. Akzeptanz der Lösung wird verbessert: Wenn die Klientinnen und Klienten ihre Lösungen eigenständig finden, werden diese besser akzeptiert und umgesetzt da die Klientinnen und Klienten sich mit diesen identifizieren können.
  8. Unabhängigkeit der Klientinnen und Klienten fördern: Indem die Klientinnen und Klienten ihre eigenen Lösungen finden, sind sie von anderen Menschen unabhängig. Sie lernen, sich selbst zu vertrauen. In zukünftigen Situationen sind sie eher in der Lage, sich selbst zu helfen.

5. Fazit

Es ist essentiell, dass Klientinnen und Klienten im Veränderungsprozess die Verantwortung für ihre Veränderung selbst übernehmen. Dadurch werden sie stärker zur tatsächlichen Zielerreichung motiviert und ihre Veränderungen nachhaltiger gestalten – es sind dann nämlich ihre ganz eigenen Ideen und Möglichkeiten.

Die Aufgabe eines Coachs im Veränderungsprozess einer Klientin oder eines Klienten ist es, diese bei der Reflexion und Analyse seiner Situation zu unterstützen, ihnen dabei zu helfen, Ziele zu definieren, und bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen und Umsetzungsstrategien zu begleiten.

Der Coach gibt Impulse, stellt gezielte Fragen und bietet Feedback an, um den Klienten dabei zu begleiten, eigene Lösungen zu finden und neue Perspektiven zu entwickeln. Dabei ist es wichtig, dass der Coach eine wertschätzende und vertrauensvolle Atmosphäre schafft und die Verantwortung für die Umsetzung und Integration der Veränderungen beim Klienten belässt.

Welche Meinung haben Sie zu den Verantwortlichkeiten im Coachingprozess? Schreiben Sie mir gerne.

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Ulla Sieburg-Gräff

*Coachin für Menschen, die ihre Kommunikation erneuern möchten und für Frauen, die mitten im Leben stehen und sich einen Veränderung wünschen.
*Mediatorin für alle, die ihre Konflikte lösen möchten.

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