„Ich finde es doof, wenn ich auf dich warten muss, weil Du keinen Zeitplan hast“. „Ich glaube, du brauchst mal ´ne Therapie“. Die Sätze fangen mit „Ich“ an, also ganz eindeutig Ich-Botschaften!? Wohl eher nicht.
Jede und Jeder, die/der schon einmal ein Seminar über Kommunikation mitgemacht hat, hat gehört, dass man mit sogenannten „Ich-Botschaften“ sprechen soll.
Was genau sind „Ich-Botschaften“ und wie formuliert man sie richtig?
Inhalt
Was sind „Ich-Botschaften“?
Die Beispiele eingangs haben gezeigt, „Ich-Botschaften“ entstehen nicht dadurch, dass die Sätze mit „Ich“ beginnen. Ich muss genauer darauf schauen, was das Wesen dieser Botschaften tatsächlich ausmacht.
„Ich-Botschaften“ sind eine Form der Kommunikation; sie sind eine Strategie oder ein Instrument, um effektive Gespräche zu fördern und zwischenmenschliche Beziehungen zu stärken.
Bei der Formulierung von „Ich-Botschaften“ beziehe ich mich auf meine eigenen Gedanken, wahren Gefühle und Bedürfnisse. Besonders wichtig dabei ist, dass ich die Verantwortung für meine Gefühle tragen. Wenn ich sage: „Ich fühle mich schlecht, weil du die Küche nicht aufgeräumt hast“, dann übertrage ich die Ursache für meine Gefühle auf den anderen.
Wenn ich aber sage: „Ich fühle mich schlecht, weil mir Ordnung und Sauberkeit wichtig ist“, dann bin ich mit meinen Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen ganz bei mir. Dann habe ich eine echte „Ich-Botschaft“ formuliert.
Warum sind „Ich-Botschaften“ sinnvoll?
Diese Art der Ausdrucksweise ist wichtig, damit andere sich nicht verurteilt oder angeklagt fühlen. Wer sich in die Ecke gedrängt fühlt, wird ebenfalls mit Druck oder mit Abwehr reagieren. Ein konstruktives Gespräch ist dann eher unwahrscheinlich.
Wenn ich meine Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse statt dessem klar und respektvoll ausdrücke, schaffe ich mir und meinem Gegenüber Raum für Dialog und Verständnis. Konflikte können so vermieden beziehungsweise gelöst werden.
Im Gegensatz dazu sind „Du-Botschaften“ geprägt von Anschuldigungen, Vorwürfen und negativer Kritik. Dieser Fokus auf die Schuld des anderen führt geradezu zwangsläufig zu defensivem Verhalten und Konflikten. Durch die Verwendung von Du-Botschaften werden oft Barrieren in der Kommunikation aufgebaut, die das eigentliche Ziel verfehlen und eine Verbindung erschweren.
Durch die richtige Formulierung von Ich-Botschaften kann ich den Dialog öffnen für die gemeinsame Betrachtung des Themas.
Worauf ist bei der Formulierung von „Ich-Botschaften“ zu achten?
Mit der Nutzung von „Ich-Botschaften“ möchte ich bestimmte Ziele erreichen und z.B. Konflikte vermeiden. Dazu sollte ich auf folgende Aspekte achten.
* Verantwortung: Ich trage die Verantwortung für meine Gefühle, Bedürfnisse und auch für das, was ich sage oder nicht sage.
* Klarheit: Ich bleibe in meinen Aussagen ganz bei mir. Dabei bin ich in meinen Aussagen nicht soft, sondern klar und konstruktiv.
* Respekt: Ich formuliere meine Aussage respektvoll und ohne Schuldzuweisung. Dadurch kann Vertrauen aufgebaut werden.
* Empathie: Ich kann mit meiner Botschaft Empathie und Verständnis ausdrücken, ohne mit einer Handlung des anderen einverstanden sein zu müssen.
* Nähe: Ich kommuniziere meine Gefühle und schaffe damit persönliche Nähe zu meinem Gegenüber, der sich ebenfalls eingeladen fühlen darf, sich zu öffnen.
* Lösung: Der Fokus des Dialogs liegt auf einer Lösung und nicht auf der Entstehung des Konfliktes.
*Vermeidung von Killerphrasen: Immer, ständig, nie, alle, jeder, keiner, nirgendwo. Diese Phrasen verallgemeinern und sind oft unsachlich.
Wie werden „Ich-Botschaften“ konkret formuliert?
Wenn ich mir die vorbeschriebenen Anhaltspunkte bewusst mache, fällt mir die Formulierung meiner „Ich-Botschaft“ einfacher. Außerdem orientiere ich mich an den Schritten der gewaltfreien Kommunikation (wieder mal – sie passen eben immer).
Stellen wir uns vor: Ich war mit einer Bekannten zum Besuch einer Theatervorstellung verabredet, aber meine Bekannte kommt wie so oft 15 Minuten zu spät, um mich abzuholen. Ich bin verärgert, weil ich gerne frühzeitig im Theater gewesen wäre.
Ich könnte sagen: „Ich finde dich total unzuverlässig. Du bist schon wieder zu spät, du weißt doch, mit dem verletzten Fuß kann ich nicht schnell laufen. Jetzt kommen wir wie so oft, gehetzt da an, da hab´ ich ja grad schon keine Lust mehr“. Bähm! Gibt das einen entspannten Abend?
Wie kann ich es besser ausdrücken, dass meine Aussage klar ist, ich trotzdem respektvoll bleibe und vor allem mein Ziel eines entspannten Abends erreiche?
- Sachliche Beschreibung der Situation: Ohne jegliches Urteil beschreibe ich die Situation. Beispiel: Wir hatten als Termin 19 Uhr vereinbart. Um 19.15 Uhr bist du angekommen.
- Benennung des eigenen Gefühls. Ich bin besorgt, traurig, ich fühle mich unter Druck.
- Benennung des unerfüllten Bedürfnisses: Ruhe, Entspannung, Spaß
- Formulierung einer Bitte.
Somit könnte meine „Ich-Botschaft“ an meine Bekannte zum Beispiel lauten:
Wir hatten gemeinsam 19.00 Uhr als Termin vereinbart. Jetzt ist es 19.15 Uhr. Ich fühle mich unter Druck, mich zu hetzen, weil ich gerade nicht so schnell laufen kann. Ich habe Sorge, zu spät zu kommen. Ich wünsche mir für den Theaterbesuch Ruhe und Entspannung. Bitte komme das nächste Mal zum vereinbarten Zeitpunkt oder lass uns im Theater treffen. Was meinst du dazu?
Ein solcher Satz klingt erst mal etwas holprig und gestelzt. Aber im Wesentlichen sind das die oben beschriebenen Inhalte: eine Sachaussage, wie die Situation gerade ist. Meine Gefühle und meine Bedürfnisse benennen. Anschließend eine Bitte formulieren.
Ich merke auch immer wieder, wenn ich mich an diese Struktur halte, werde ich erst gar nicht so ärgerlich. Ich bin offener und zugewandter. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass auch mein Gegenüber entsprechend seiner/ihrer Bedürfnisse handelt.
Manchmal passen vielleicht unsere Strategien nicht zueinander. Aber das würden wir mit dieser Art der Kommunikation herausfinden (Klarheit!) und könnten entsprechend damit umgehen.
Fazit
„Ich-Botschaften“ sind ein Schlüssel für klare, erfolgreiche und respektvolle Dialoge. Anstatt mit „Du-Botschaften“ anzuklagen und zu kritisieren, bleibe ich ganz bei mir, schildere sachlich und verbalisiere eigenverantwortlich meine Gefühle und Bedürfnisse. Somit lade ich mein Gegenüber ein, sich ebenfalls zu öffnen und gemeinsam eine Lösung zu finden.
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*Coachin für alle, die ihre Kommunikation erneuern und ihre Konflikte lösen möchten sowie für Menschen mit schwierigen Entscheidungen und in Umbruchphasen.
*Mediatorin für alle, die ihre Konflikte lösen möchten.
Hallo Ulla,
ein toller Beitrag mit vielen wertvollen Tipps!
Wir stellen immer wieder fest, wie schnell wir in die „Du-Form“ wechseln. Das führt oft zu einer ablehnenden Reaktion des Gesprächspartners. Dadurch wird eine echte Kommunikation auf Augenhöhe erschwert.
Doch wie heißt es so schön: Übung macht den Meister 🙂
Liebe Grüße
Julia und Steffen
Hallo Julia, hallo Steffen,
vielen Dank für Euren Besuch auf meiner Seite.
Wir lernen nie aus, daher ist Üben so wertvoll. Der erste Schritt ist das Erkennen und Verstehen, das ist schon viel wert, dann wird es leichter. Zum Glück ergeht es uns dabei allen gleich ;)).
Liebe Grüße, Ulla