„Ach, mach du ruhig, du weißt es ja immer besser“ – das ist Felas Antwort, als sie mit Anni zusammensitzt, um eine gemeinsame Reise zu planen. Anni plant und plant und Fela fühlt sich übergangen. Anstand das Thema offen anzusprechen, reagiert Fela auf indirekte Weise. Ihre sarkastische Bemerkung ist eine subtile Art, ihren Ärger auszudrücken, ohne in die direkte Konfrontation mit Anni zu gehen.
Passiv-aggressives Verhalten ist eine Art der indirekten Ausdrucksweise, bei der eine Person ihre negativen Gefühle, Frust, Angst, Ärger oder gar Abneigung nicht offen zeigt, sondern diese durch subtile oder verdeckte Mittel ausdrückt. Die Person spricht scheinbar freundlich oder neutral, während sie tatsächlich Verärgerung oder Unzufriedenheit empfindet.
Inhalt
1.Was ist passiv-aggressive Kommunikation?
Passiv-aggressives Verhalten in der Kommunikation tritt auf, wenn jemand seine negativen Gefühle oder seinen Widerstand nicht direkt äußert, sondern auf indirekte Weise zeigt.
Anstatt offen zu sagen, dass er oder sie verärgert, verängstigt oder unzufrieden ist, äußert die Person dies z. B. durch sarkastische Bemerkungen, Verzögerungen oder „Vergessen“ von Aufgaben.
Solches Verhalten ist oft schwer zu erkennen oder einzuordnen und kann daher zu Missverständnissen führen.
Häufig sagen Menschen, die sich passiv-aggressiv verhalten, „Ja“, meinen aber „Nein“ und handeln dementsprechend widerwillig, was Konflikte verschärfen kann.
Typische Anzeichen sind auch Schweigen, Ignorieren, vermeintlicher Vergesslichkeit, spitze Bemerkungen oder das Vermeiden von direkter Konfrontation.
Dieses Verhalten tritt bei einer Person nicht unbedingt in allen Lebensbereichen und -lagen auf. Es kann beschränkt sein auf bestimmte Rollen oder Aspekte des Lebens.
Diese Kommunikationsweise schafft Spannungen, da die eigentlichen Probleme verdeckt bleiben und nicht offen besprochen werden. Oft resultiert sie aus der Angst vor Konfrontationen oder dem Wunsch, Kritik oder negative Gefühle zu vermeiden. Die Menschen handeln dabei meist unbewusst; es ist eine Strategie, um mit bestimmten Herausforderungen umzugehen.
Letztlich kann passiv-aggressives Verhalten Beziehungen belasten, da es eine klare Kommunikation verhindert und das Vertrauen stört.
Wir sollten bei der Beurteilung eines passiv-aggressiven Verhaltens immer beachten, das Verhalten der Person von der Person zu trennen. Das Verhalten ist unangemessen, niemals die Person selbst! Wir müssen selbstverständlich dennoch nicht mit dem Verhalten einverstanden sein oder es akzeptieren.
2. Wie zeigt sich passiv-aggressive Kommunikation?
2.1. Sarkasmus, Pseudohumor und zynische Bemerkungen
Die Aussage ist als „Witz“ getarnt oder man weiß nicht so recht, war das ernst oder ironisch gemeint: Sarkasmus & co sind häufig angewandte Werkzeuge in der passiv-aggressiven Kommunikation.
In diesem Zusammenhang können wir davon ausgehen, dass Sarkasmus & co dazu dienen, Unzufriedenheit auszudrücken, ohne dies jedoch offen zuzugeben. Die eigentliche Bedeutung, dass die Person verärgert oder frustriert ist, wird nicht klar geäußert.
Beteiligte Personen haben das Problem diese Aussagen richtig zu deuten und auf die eigentliche Absicht eingehen zu können.
Beispiel: „ja, klar du weißt das natürlich besser“ oder „na, mit deinem Fachwissen, solltest Du das machen“ oder „klar, ich bin dafür eh nicht geeignet“.
Die Person macht eine sarkastische oder zynische Bemerkung, die isoliert betrachtet oder auf den ersten Blick harmlos erscheint, bei näherem Hinsehen, aber doch auf negative Gefühle hindeutet.
2.2. Vermeidung von Konfrontation
Statt sich der Diskussion zu stellen weichen Menschen mit passiv-aggressivem Verhalten der direkten Konfrontation aus, indem Sie sich dem Gespräch zu schwierigen Themen entziehen; Unbehagen und Ärger werden nicht benannt.
Wenn andere Beteiligte versuchen, das Problem anzusprechen, weicht die Person aus oder wechselt das Thema. Probleme werden dadurch nicht offen angesprochen und es besteht die Gefahr, dass sich unbemerkt Spannungen aufbauen, ohne dass nach Lösungen gesucht wird.
Beispiel: Die Person sagt, sie haben „keine Problem“, „alle sei in Ordnung“. Sie weicht der Frage aus oder ändert das Thema und spricht von anderen Dingen. Auch kann es sein, dass ein Mensch mit passiv-aggressivem Verhalten einem Vorschlag, einem Thema, einer Vereinbarung oder einem Termin zustimmt, dann aber Wege und Ausreden findet, sich nicht an Vereinbarungen oder Termine zu halten.
2.3. Verzögerung, Prokrastination und vorgebliche Vergesslichkeit
Aufgaben werden vor sich hergeschoben oder mit Vergessen entschuldigt: Auch das sind Hinweise auf ein passiv-aggressives Verhalten.
Statt offen zuzugeben, überlastet oder überfordert zu sein, lässt die Person Dinge schleifen, verschiebt Termine und wird mit den Aufgaben nicht fertig. Dies kann sich sogar in einer Sabotage äußern, wenn die Person einen Erfolg der gemeinsamen Arbeit verhindert.
Beispiel: Ein Trainer hat im Verein die Aufgabe übernommen, das Kinderturnier zu organisieren. Er flüchtet sich in Ausreden, vergisst Meetings und verschiebt Deadlines immer weiter nach hinten, bis der Termin schließlich ganz platzt. Das führt verständlicherweise zu Frustration bei den anderen Beteiligten. Keiner weiß, was wirklich los ist.
2.4. Inkonsistentes Verhalten
Das gezeigte passiv-aggressive Verhalten ist oft inkonsistent, das heißt widersprüchlich oder unbeständig; das, was gesagt wird und das, was getan wird passen nicht zusammen. Es gehört damit eng zu Punkt Nr. 3 oben.
Die Unzufriedenheit und der Unwille werden nicht klar geäußert, sondern werden nur durch das Verhalten sichtbar.
Beispiel: die Partnerin übernimmt (widerwillig) Aufgaben im Haushalt, erledigt diese dann aber absichtlich langsam oder nachlässig. Es zeigt sich damit, dass sie eben nicht damit einverstanden war.
2.5. Resignation und Selbstmitleid
Passiv-aggressives Verhalten wirkt oft wie Resignation oder Selbstmitleid. Das passiv-aggressive Verhalten zielt dann darauf ab, Mitgefühl und Sympathie bei den anderen zu erzeugen, ohne sich jedoch klar zu äußern, weder zur Sache noch zur eigenen Gefühlslage.
Die Person stellt sich als Opfer dar und versucht bei den Beteiligten Schuldgefühle zu wecken, ohne dass das eigentliche Problem angesprochen oder gar gelöst wird.
Beispiel: Die Person sagt: „Was immer Ihr wollt, mir ist es egal“ oder „Ich kann es eh nicht richtig machen“ oder „ich würde dich wahrscheinlich eh nur stören“.
Auch kann es sein, dass die Person betont, keinen Einfluss auf das Geschehen zu haben oder dass sie sowieso ungerecht behandelt wird.
2.6. Abfällige Bemerkungen und Nörgeleien
Bei der passiv-aggressiven Kommunikation wird Kritik oder Unbehagen nur indirekt geäußert etwa durch abfällige Bemerkungen oder Nörgeleien. Reale Bedenken werden dabei nicht offen geäußert.
Dieses Muster zeigt sich häufig, wenn die Person mit einer Entscheidung, Aufgabe, Vereinbarung, Entwicklung etc. nicht einverstanden ist, aber nicht direkt widerspricht. Sie kritisiert indirekt ohne klaren Bezug oder Lösungsalternative.
Beispiel: Die Person macht zum Beispiel in einem Meeting eine Bemerkung, die auf den ersten Blick harmlos erscheint, aber doch einen negativen Unterton hat: „Ach, so hast du das gemacht….“ oder „interessant, wenn du meinst“ oder „so stellst du dir das vor…“ – mit abwertendem Tonfall.
3. Gründe für passiv-aggressive Kommunikation
Wir haben schon gesehen, dass passiv-aggressives Verhalten ein komplexes Kommunikationsmuster ist. Es handelt sich nicht nur um eine einfache Vermeidungsstrategie, sondern ist eine verinnerlichte Ausdrucksform, die aus persönlichen Erfahrungen und inneren Konflikten entstehen kann. Daher agieren die Personen meist unbewusst.
Um effektiv mit passiv-aggressivem Verhalten umzugehen, ist es hilfreich, die zugrundeliegenden Gründe für das Verhalten zu verstehen, wieso Menschen auf diese Weise kommunizieren.
3.1. Angst vor Ablehnung
Eine häufige Ursache für passiv-aggressives Verhalten ist die Angst vor Ablehnung und negativen Konsequenzen. Daher werden die wahren Gedanken und Gefühle nicht geäußert, um direkte Konfrontationen zu vermeiden.
Diese Angst kann aus früheren Erfahrungen resultieren. Vielleicht hat die Person in der Kindheit verinnerlicht, dass z.B. direkte Kritik zu Bestrafung führt.
3.2. Erlerntes Verhalten
Auch kann dieses Verhalten erlernt sein; vielleicht entspricht es einem Familienmuster. Direkte Kommunikation wurde nicht gefördert; es war üblich mit Pseudohumor Themen zu behandeln.
Aber auch im Erwachsenalter kann dieses Verhalten erlernt werden, wenn es zum Beispiel zur Unternehmenskultur gehört, sarkastisch zu sprechen, anstatt offen zu kommunizieren
3.3. Kommunikationsfähigkeiten
Betroffene Menschen wissen nicht, wie sie ihre Gefühle und Gedanken angemessen und direkt formulieren können.
Anstatt sich direkt mitzuteilen, greift die Person auf passiv-aggressives Verhalten zurück, in der Hoffnung oder dem Anspruch, dass das Gegenüber „richtig“ versteht.
3.4. Gefühl der Ohnmacht
Passiv-aggressives Verhalten kann in einem Gefühl der Ohnmacht oder des Kontrollverlustes begründet sein. Die Person hat möglicherweise die Befürchtung, dass ihre Meinung und Bedürfnisse nicht zählen. Anstatt sich „hilflos“ zu fühlen wird dann z.B. Sarkasmus als Ausdrucksweise gewählt.
3.5. Soziale und kulturelle Faktoren
In Gemeinschaften, in denen Harmonie und „Gesichtswahrung“ hochgeschätzt sind, werden Gefühle häufig nicht direkt an- oder ausgesprochen. Durch passiv-aggressive Kommunikation soll z.B. Unzufriedenheit ausgedrückt werden, ohne in die direkte Konfrontation zu gehen.
In einem solchen Umfeld kann passiv-aggressives Verhalten als eine akzeptable Form des Ausdrucks dienen und zur Norm werden, was jedoch außerhalb dieser Gemeinschaft zu Problemen führen wird.
4. Strategien zum Umgang mit passiv-aggressivem Verhalten in der Kommunikation
Zeigen Menschen passiv-aggressives Verhalten in ihrer Kommunikation, ist es oft eine Herausforderung angemessen damit umzugehen und eine offene und ehrliche Kommunikation zu fördern
4.1. Geduld und Ruhe
Eine der größten Herausforderungen, wenn man auf passiv-aggressives Verhalten trifft, ist nicht unbedacht und impulsiv zu reagieren. Wenn wir Ruhe bewahren, signalisieren wir, dass wir die Kontrolle über die Situation behalten und nicht in einen emotionalen Teufelskreis einsteigen. Wir verhindern damit eine Eskalation und können besser den Fokus auf das eigentliche Thema halten.
Bevor wir reagieren, atmen wir tief durch. Unsere Stimmlage bleibt sachlich neutral. Wir gehen nicht auf die Provokation ein, sondern konzentrieren uns auf das Ziel des Gesprächs.
4.2. Benennen des Verhaltens
Wir steigen nicht in eine Provokation ein, benennen aber direkt unsere Wahrnehmung. Dadurch wird es schwieriger für die Person, ihre wahren Gedanken zu verdecken.
Wir haben gesehen, viele Menschen kommunizieren passiv-aggressiv, weil sie ihre wahren Gefühle nicht einordnen oder gar benennen können. Wir können die Menschen durch das Benennen des Verhaltens mehr Bewusstsein für die eigene Gefühle geben.
Wichtig ist dabei, dass wir stets mit sog. Ich-Botschaften sprechen. Wir sprechen dabei unsere Wahrnehmung an, ohne die Person zu beschuldigen und laden zu einer offenen Kommunikation ein.
4.3. Rückfragen stellen
Wenn wir den Eindruck haben, Menschen kommunizieren passiv-aggressiv, weil sie unfähig oder unwillig sind ihre Gefühle zu benennen, können wir gezielt nachfragen, was hinter dem gezeigten Verhalten stecken könnte.
Nachfragen schaffen Klarheit und helfen die eigentliche Absicht oder das Problem zu identifizieren und an einer Lösung zu arbeiten.
Dabei stellen wir offene Fragen, die die andere Person einladen, sich zu öffnen ohne Nachteile befürchten zu müssen. Wir signalisieren damit gleichzeitig die Bereitschaft zuzuhören und die Person in ihren Gefühlen und Ansichten ernst zu nehmen.
4.4. Grenzen setzen
Wenn passiv-aggressives Verhalten immer wieder auftritt, ist es wichtig klare Grenzen zu setzen. Dies ist ein Zeichen an die Person, dass das Verhalten (auf Dauer) nicht akzeptabel ist. Wir verhindern dadurch auch, dass dieses Verhalten zur Norm wird.
Wie immer sind wir respektvoll und klar, wenn wir unsere Grenzen ansprechen: „Ich beobachte, dass du nicht direkt auf Fragen antwortest, sondern mit sarkastischen Bemerkungen von der eigentlichen Sache ablenkst. Das stört unseren Arbeitsablauf. Ich möchte, dass wir Unbehagen und Problem direkt ansprechen, da wir dieses Projekt sonst nicht adäquat bearbeiten können. Was sagst Du dazu?“
4.5. Eskalation vermeiden
Passiv-aggressives Verhalten schafft bei den betroffenen Menschen oft Ärger und Frust, besonders, wenn es wiederholt auftritt. Eine Eskalation wird jedoch nicht helfen; wir sollten also nicht in gleicherweise in die Kommunikation einsteigen.
Wir können deeskalierend reagieren, indem wir verbal auf die Person zugehen und klar fragen: „Deine Reaktion wirkt auf mich, als wärest du unzufrieden. Ich möchte gerne verstehen, was dich gerade beschäftigt; bitte erzähle.“
Eine Zuspitzung der Situation, würde die Sachlage nicht verbessern, sondern eher Vertrauen zerstören. Wir können versuchen, die Spannung abzubauen und den Dialog auf einer konstruktiven Ebene zu führen.
4.6. Vorbild sein und Unterstützung anbieten
Es kommt vor, dass passiv-aggressives Verhalten aus einem Gefühl der Hilflosigkeit oder Unsicherheit heraus gewählt wird. Wenn wir selbst offen, wertschätzend und direkt kommunizieren, schaffen wir eine Umgebung, in der auch andere ermutigt werden, gleichermaßen zu sprechen.
Beispiel: „Ich habe den Eindruck, dass dich das beschäftigt (ärgert, belastet, nicht zufriedenstellt…). Sollen wir uns zusammensetzen und gemeinsam überlegen, wie wir das Problem in den Griff bekommen, was hältst du davon?“ Wir unterstreichen damit wertschätzend, unsere Bereitschaft zuzuhören und zu helfen, ohne die Person anzugreifen.
5. Fazit
Passiv-aggressives Verhalten zeigt sich oft durch subtile Anspielungen, Sarkasmus oder das Vermeiden offener Konflikte – und genau das kann echte Missverständnisse in der Kommunikation schaffen.
Anstatt Unzufriedenheit direkt zu äußern, wird Frust, Ärger oder Unsicherheit auf indirekte Weise ausgedrückt. Ob durch Pseudohumor, „vergessene“ Aufgaben oder verzögerte Reaktionen – die eigentlichen Probleme bleiben unter der Oberfläche und schaffen unnötige Spannungen.
Was sind mögliche Gründe für dieses Verhalten? Meist stecken Unsicherheiten dahinter, wie die Angst vor Ablehnung, die Unfähigkeit sich adäquat auszudrücken oder der Wunsch, Konfrontationen zu vermeiden.
Wir können versuchen, mit Geduld und Feingefühl diese Situationen gut entschärfen. Es hilft, ruhig zu bleiben, das Verhalten wertschätzend und klar anzusprechen und offene Rückfragen zu stellen. So kann man die Grundlage für eine ehrlichere, direktere Kommunikation schaffen, die beide Seiten weiterbringt. Letztlich geht es darum, Missverständnisse aufzulösen und in einen konstruktiven Austausch zu kommen.
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