Emotionale Intelligenz für wertschätzende Kommunikation: 6 Praktische Tipps, um Emotionale Intelligenz zu entwickeln und zu trainieren

Warum verlaufen manche Gespräche so gar nicht, wie wir es geplant hatte und das obwohl wir es doch nur gut gemeint haben? Warum fühlen wir, wie wir fühlen und welche Auswirkung hat das auf unsere Beziehungen. Wieso ist es schon wieder zum Streit gekommen?

Und warum gelingt es manchen Menschen scheinbar mühelos, selbst in schwierigen Situationen ruhig, klar und empathisch zu bleiben?

Die Antwort liegt nicht in der Fähigkeit der kognitiven Intelligenz, sie liegt in der Emotionalen Intelligenz. Dies ist eine Fähigkeit, die erfolgreiche Kommunikation und Konfliktlösung maßgeblich beeinflusst.

Die gute Nachricht: Emotionale Intelligenz lässt sich trainieren für mehr Klarheit, Verbindung und Verständnis.

Inhalt

Was ist emotionale Intelligenz? Die (wissenschaftlichen) Grundlagen

Der Begriff „emotionale Intelligenz“ wurde erstmals 1990 von den Psychologen Peter Salovey und John Mayer geprägt. Sie definierten sie als die

Fähigkeit, eigene und fremde Emotionen wahrzunehmen, zu verstehen und zu regulieren.

Ihr Ansatz konzentrierte sich auf vier Kernbereiche:

  • Emotionen bei sich und anderen erkennen
  • Emotionen verstehen und ihre Ursachen identifizieren
  • Emotionen zur Problemlösung nutzen
  • Emotionen angemessen regulieren

Weltweite Bekanntheit erlangte das Konzept jedoch durch Daniel Goleman, der 1995 sein Buch „Emotional Intelligence“ veröffentlichte. Goleman erweiterte das Modell um soziale Kompetenzen und verstand emotionale Intelligenz als wesentlichen Bestandteil von Erfolg sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Kontext.

Die Emotionale Intelligenz ist eine Schlüsselkompetenz für gelingende zwischenmenschliche Kommunikation, Führung und nachhaltige Beziehungsgestaltung.

Gerade im privaten Alltag – in Partnerschaft, Familie oder Freundeskreis – trägt Emotionale Intelligenz entscheidend dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden, Bedürfnisse klarer zu kommunizieren und Beziehungen auf Augenhöhe zu gestalten

Auch im Berufsleben zeigt sich, wie entscheidend Emotionale Intelligenz ist: für die Führung von Mitarbeitenden, in der Teamarbeit oder im Umgang mit Kunden: Wer seine eigenen Emotionen reflektiert und empathisch auf andere eingehen kann, kommuniziert klarer, löst Konflikte konstruktiver und schafft ein Klima, in dem Zusammenarbeit wirklich gelingt.

Die fünf Säulen Emotionaler Intelligenz nach Golemann

Daniel Goleman hat das ursprüngliche Modell der Emotionalen Intelligenz von Salovey und Mayer um eine zentrale Dimension erweitert: den bewussten Umgang mit anderen Menschen. Er beschreibt fünf Kernbereiche, die gemeinsam das Fundament emotional intelligenter Kommunikation und Beziehungsgestaltung bilden und zwar im Berufsleben wie auch im privaten Alltag.

1. Selbstwahrnehmung: Der Grundstein erfolgreicher Kommunikation

Selbstwahrnehmung bedeutet, dass Sie Ihre eigenen Emotionen klar erkennen und verstehen, was sie auslöst. Fehlt diese Wahrnehmung, agieren Menschen in Konfliktsituationen, ohne zu verstehen, was sie emotional antreibt.

Beispiel: Sie spüren, dass Sie gereizt sind und erkennen, dank Selbstwahrnehmung, dass nicht Ihr Gegenüber der Auslöser ist, sondern Ihre Beurteilung des hektischen Vormittags oder der Umgang mit einer verletzenden Bemerkung. So gelingt es Ihnen, bewusster zu reagieren statt impulsiv.

2. Selbstregulation: Emotionen steuern statt gesteuert werden

Emotionen dürfen da sein, dabei muss nicht jeder Impuls ausgeführt oder ausgesprochen werden. Selbstregulation heißt, bewusst mit Gefühlen umzugehen, anstatt ihnen ausgeliefert zu sein.

Selbstregulation ist die Fähigkeit, mit den eigenen Emotionen konstruktiv umzugehen. Es geht nicht darum, Gefühle zu unterdrücken, sondern sie bewusst zu lenken. Wer seine Emotionen regulieren kann, bleibt auch in schwierigen (Gesprächs-) Situationen handlungsfähig.

Beispiel: In einer angespannten Situation atmen Sie bewusst durch, bevor Sie sprechen, „sammeln“ Sie sich und formulieren ruhig, was Ihnen wichtig ist.

3. Motivation: Der innere Antrieb

Emotional intelligente Menschen sind intrinsisch (von innen kommend; aus sich selbst heraus) motiviert. Sie handeln nicht (nur) für äußere Belohnungen, sondern weil sie an ihre Ziele glauben.

Emotionale Intelligenz zeigt sich auch darin, wie Sie mit Rückschlägen umgehen und was Sie innerlich antreibt. Motivation in diesem Sinne meint: sich von innen heraus engagieren, an Zielen dranbleiben, und zwar nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus echter Überzeugung.

4. Empathie: Die Brücke zu anderen Menschen

Empathie ist die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen – ihre Emotionen zu erkennen und ernst zu nehmen, ohne gleich zu bewerten oder zu analysieren. Sie ist die Grundlage für echtes Verständnis denn Empathie ermöglicht es, die Emotionen anderer zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.

Empathie hat nichts mit Mitleid zu tun, denn Empathie bedeutet nicht, das Gefühl des anderen zu übernehmen oder sich darin zu verlieren (mitzuleiden), sondern es wahrzunehmen, anzuerkennen und mitfühlend zu begleiten und – das ist ebenso wichtig: ohne sich selbst dabei aus dem Blick zu verlieren.

5. Soziale Kompetenz: Beziehungen erfolgreich gestalten

Soziale Kompetenz bringt alle vorherigen Bereiche in die zwischenmenschliche Kommunikation ein. Sie zeigt sich darin, wie Sie Beziehungen aktiv gestalten, Konflikte konstruktiv angehen, andere  motivieren und auch, dass Sie klar und wertschätzend kommunizieren.

Beispiel: Sie verwenden Ich-Botschaften, statt Vorwürfen; Sie verharren nicht in der Problemtrance, sondern schauen (gemeinsam) auf mögliche Lösungen; Sie hören aktiv zu, anstatt auf Ihren Redeanteil zu warten; Sie sprechen schwierige Themen offen und wertschätzend an.

6 Praktische Tipps, um Emotionale Intelligenz zu entwickeln und zu trainieren

1. Selbstreflexion

In der Selbstreflexion können Sie zunächst einmal entdecken, wie bisher Ihr Umgang mit den eigenen Gefühlen verläuft und wie Sie die Gefühle von anderen wahrnehmen. Fragen sich zum Beispiel:

  • Kennen Sie Ihre Gefühle?
  • Ist es Ihnen möglich, die eigenen Gefühle zuzulassen?
  • Haben Sie typische Triggerpunkte?
  • Was haben Sie vielleicht von anderen als Feedback erhalten?
  • Können Sie Ihre Stimmung selbst beeinflussen oder sind Sie Ihren Emotionen „ausgeliefert“?
  • Wann fällt es Ihnen leicht, die Gefühle anderer zu erkennen?
  • Sind Sie eine aufmerksame Zuhörerin und suchen andere Ihre Unterstützung?
  • Sind Sie offen für die Gefühle, Bedürfnisse oder Meinungen anderer?
  • Können Sie mit den Gefühlen andere gut umgehen?
  • Wie sehen Sie Ihre eigene Kommunikationsfähigkeit?

2. Selbstempathie schenken

Seien Sie sich selbst eine gute:r Gesprächspartner:in. Gerade in schwierigen Momenten hilft es, sich mit Empathie zu begegnen, statt sich innerlich abzuwerten. Schließlich sind wir der wichtigste Mensch in unserem Leben 😊.

Diese Empathie können wir dann umso besser weitergeben.

Je klarer Sie sich selbst begegnen, desto leichter fällt es Ihnen, auch mit anderen in Verbindung zu bleiben; ruhig, empathisch und authentisch.

3. Gefühle bewusst wahrnehmen

Nehmen Sie sich regelmäßig einen Moment Zeit, um sich selbst zu fragen: „Wie fühle ich mich gerade und warum?“ Halten Sie inne, spüren Sie in sich hinein, und benennen Sie Ihre Emotionen möglichst differenziert. Also nicht nur „heute fühle ich mich schlecht, weil alle doof sind“ sondern genauer erspüren.

Beispiele:  Meine Freundin hat die Verabredung abgesagt. Ich war traurig, weil ich mich auf das Zusammensein gefreut habe.

Oder: ich habe auf meine Bewerbung eine Absage erhalten. Nun bin ich mutlos, weil ich noch keine Idee habe, was ich noch tun kann.

Oder: Ich bin glücklich, weil meine Katze wieder zu Hause ist und ich mich nicht mehr sorgen muss.

Oder: Mein Nachbar hat mir den Wasserkasten hochgetragen. Für diese Unterstützung bin ich dankbar.

Hinterfragen Sie sich genau, wie Sie sich fühlen, was genau dies Gefühl ausgelöst hat und wie gehen Sie damit um?

Wie können Sie Ihre Emotionen bewusst steuern, statt sich ihnen auszuliefern. Welche Technik könnte Ihnen helfen?

Ein guter Tipp: 2-3 mal kräftig durchatmen, den Boden spüren, wahrnehmen was ist, wie beurteilen Sie die Situation und dann reagieren.

4. Bedürfnisse hinter den Gefühlen erkennen

Jedes Gefühl weist auf ein unerfülltes oder erfülltes Bedürfnis hin.

In den obigen Beispielen könnte es um die Bedürfnisse nach Zusammensein, Nähe, Orientierung, Sicherheit, Unterstützung gehen.

Wer seine Bedürfnisse kennt, kann danach handeln und wird so mehr Zufriedenheit erlangen.

5. Aktives Zuhören und empathisches Nachfragen üben

Hören Sie Ihrem Gegenüber aufmerksam zu – ohne zu bewerten oder zu unterbrechen. Wiederholen Sie in eigenen Worten, was Sie verstanden haben, und stellen Sie offene Fragen.

Versuchen Sie dabei, die Gefühle Ihres Gegenübers zu erkennen. Fragen Sie empathisch nach, wenn Sie andere noch nicht verstanden haben. „Ich höre, dass Du wütend bist, magst Du mir erzählen, was ist?“

6. Kommunikationsfähigkeiten stärken

Machen Sie sich mit Gesprächstechniken z.B. der wertschätzenden Kommunikation  und der positiven Kommunikation vertraut und sprechen Sie klar und respektvoll.

Und nicht zu vergessen: die nonverbale Kommunikation. Sie wissen ja, wir können nicht nicht kommunizieren. Was sagen Ihre Gesten, Ihre Mimik oder Ihre Körperhaltung; passen diese zu den gesprochenen Worten?

Fazit: Emotionale Intelligenz: die beste Grundlage für echte Verbindung

Emotionale Intelligenz ist weit mehr als ein theoretisches Konzept. Sie ist die praktische Grundlage für alle Beziehungen, die wirklich gelingen. Wenn Sie die fünf Säulen nach Goleman beherrschen, verwandeln Sie nicht nur Ihre Art zu kommunizieren, sondern schaffen echte Verbindungen zu anderen Menschen.

Der Schlüssel liegt in der bewussten Entwicklung: Beginnen Sie mit der Selbstwahrnehmung, denn nur wer seine eigenen Emotionen versteht, kann authentisch auf andere eingehen. Trainieren Sie Ihre Selbstregulation, um auch in schwierigen Momenten handlungsfähig zu bleiben.

Schenken Sie Empathie, ohne sich dabei selbst zu verlieren, und setzen Sie soziale Kompetenzen ein, um Beziehungen aktiv und wertschätzend zu gestalten.

Kann man emotionale Intelligenz lernen? - Ja!

Emotionale Intelligenz ist kein angeborenes Talent, sondern eine erlernbare Fähigkeit. Mit den sechs praktischen Tipps können Sie üben, bewusster mit Ihren Gefühlen umzugehen und empathischer zu kommunizieren. Jeder Moment der Selbstreflexion, jedes empathische Nachfragen und jede bewusste Pause vor einer impulsiven Reaktion bringt Sie einen Schritt weiter.

Emotionale Intelligenz ist die Investition in sich selbst, die sich in allen Lebensbereichen auszahlt: in tieferen Freundschaften, harmonischeren Partnerschaften, erfolgreicheren Führungssituationen und einem erfüllteren Leben insgesamt. Denn am Ende des Tages sind es die Qualität unserer Beziehungen und die Fähigkeit, uns selbst und andere zu verstehen, die unser Leben wirklich bereichern.

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Ulla Sieburg-Gräff

*Coachin für alle, die ihre Kommunikation erneuern und ihre Konflikte lösen möchten sowie für Menschen mit schwierigen Entscheidungen und in Umbruchphasen.
*Mediatorin für alle, die ihre Konflikte lösen möchten.

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